Wie viele Beutel stehen mir zu?
Was, wenn ich mal mehr brauche?
Muss ich mir Hautschutz selber kaufen?
Ich habe mich mal schlau gemacht und versuche es zu erklären. Danke an die Fachgesellschaft Stoma, Kontinenz und Wunde (FgSKW e.V.) für die pflegefachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung.
Hilfsmittel sollen dabei helfen, die Folgen einer Behinderung bzw. Erkrankung auszugleichen oder den Erfolg Ihrer Behandlung zu sichern bzw. der Verschlechterung des Gesundheitszustandes vorzubeugen. Hilfsmittel dienen also dazu, dass man sein Leben selbstbestimmt führen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.
Jeder Stomaträger hat Anspruch auf eine ausreichende, medizinisch notwendige und aufzahlungsfreie Versorgung, die wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Das heißt, jeder bekommt so viel Material / Hilfsmittel, wie für eine ordentliche Stomaversorgung benötigt wird.
Aber wer entscheidet das?
Der Arzt, der das Kassenrezept ausstellt (monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich, je nach Krankenkasse) ist der Verordner / der Verantwortliche. Er entscheidet bzw. bescheinigt die medizinische Notwendigkeit, um eine gute Versorgung des Stomas zu gewährleisten. Da viele Hausärzte sich in der Vielfalt der Versorgungsprodukte nicht detailliert auskennen, werden bei der Auswahl der geeigneten Hilfsmittel zur Stomaversorgung oft die Empfehlungen erfahrener Pflegeexperten einbezogen. In diesem Fall die Stomatherapeuten. Diese sollten mit dem Patienten zusammen eine gut funktionierende Versorgung erarbeiten und die dazu notwendigen Hilfsmittel auflisten.
Hierzu gibt es eine Mengenempfehlung des MDK für Stoma-Artikel
Es wurde der Bedarf eines „Muster-Stomaträgers“ festgestellt, der auch als Grundlage für die Preiskalkulation der Versorger dient. Im Durchschnitt braucht ein Ileostomaträger 30 Ausstreifbeutel, ein Kolostomaträger 10 Platten und 90 geschlossene Beutel.
Diese Angaben sind Empfehlungen, keine Vorschrift!
Denn sie orientieren sich an dem komplikationslosen Stoma mit perfekter Versorgung. Es gibt immer Stomaträger, deren Bedarf höher ist, vor allem wenn Komplikationen vorliegen oder auch nur zeitweise auftreten, wie Hautirritationen oder chemobedingter Durchfall. Ebenso gibt es auch Patienten, die diesen Mengenbedarf nicht ausschöpfen.
Die Stomaversorgung muss also immer auf den jeweiligen Patienten angepasst werden. Das was letztendlich auf dem Rezept steht, ist bindend.
Bei einigen Krankenkassen reicht es aus, auf dem Rezept die Diagnose, z.B. „Ileostomie wegen Colitis ulcerosa“ und den allgemeinen Text „Stomaversorgungsbedarf für 6 Monate“ anzugeben. Andere Krankenkassen verlangen die genaue Auflistung der benötigten Versorgungsmittel, z.B. Monatsbedarf für Ileostomaversorgung. 20 Haftplatten und 30 Beutel der Firma XY“
Wenn keine eindeutigen Angaben gefordert sind, sondern pauschal nur Stomaversorgung auf dem Rezept steht, muss man sich mit dem Versorger / Hilfsmittellieferanten (Homecare, Apotheke, Sanitätshaus) in Verbindung setzen, dies geschieht im Normalfall über die Stomatherapeuten. Eine Auflistung über die empfohlenen Produkte, die man benötigt und ob diese von der Krankenkasse auch übernommen werden ist wichtig, damit es später kein böses Erwachen gibt und man zusätzliche Kosten tragen muss. Eine Rücksprache mit der Krankenkasse ist unumgänglich.
Die Krankenkasse trägt die Kosten der Versorgungssysteme in der individuell benötigten Menge im Rahmen der abgeschlossenen Leistungsverträge.
Die Krankenkasse handelt Verträge mit den Versorgern aus und zahlt in vielen Fällen für den monatlichen Hilfsmittelbedarf eine Pauschale. Mit diesem Geld muss der Versorger (Hilfsmittelanbieter) arbeiten. Hier kommt die Mischkalkulation zum Tragen: Je mehr Patienten ein Versorger betreut, desto mehr Pauschalbeiträge hat er zur Verfügung. Das hat zu Folge, dass auch die Stomaträger versorgt werden können, deren Pauschale nicht ausreichen würde, weil andere Pauschalen nicht völlig ausgeschöpft werden.
Der Stoma-Patient hat freie Wahl, was den Versorger angeht, solange dieser Vertragspartner der Krankenkasse ist. Die Versorger haben sich dazu verpflichtet, den Patienten mit allen medizinisch notwendigen Hilfsmitteln auszustatten, wenn diese auch im Hilfmittelverzeichnis gelistet sind.
Die Krankenkasse kann eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit veranlassen. Diese erfolgt durch den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) Leider ist der MDK momentan finanziert durch die Krankenkassen, so dass diese Überprüfung nicht ganz neutral wirkt.
Sofern man nicht von der Zuzahlung befreit ist, sind grundsätzlich 10% des Abgabepreises, mindestens 5,-€ und höchstens 10 € pro Versorgungsmonat als Zuzahlung zu leisten. Egal, wie oft man beliefert wird.
Für Hilfsmittel, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, müssen die entstehenden Mehrkosten selbst getragen werden.
Wer mit zusätzlichen Kosten konfrontiert wird, sollte unbedingt die konkreten Gründe hinterfragen. Geld sollte erst fließen, wenn man sich vorher schriftlich gegenüber dem Hilfsmittelversorger damit einverstanden erklärt hat (Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages).
Müllbeutel und Geruchsneutralisierer sind medizinisch nicht notwendig und müssen nicht vom Versorger gestellt werden.
Auch Kompressen sind nicht grundsätzlich für die Reinigung des Stomas bestimmt.
Leider wird es in den Krankenhäusern noch häufig so vermittelt. Aber Kompressen sind Verbandsstoffe und werden nur für die Wundversorgung verschrieben.
Ob ein Produkt in das Hilfmittelverzeichnis aufgenommen wird, entscheidet der Hersteller. Mit dieser Aufnahme ist auch eine Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe verbunden.
Im Folgenden sind die Gesetzestexte bzw. die relevanten Auszüge zum Thema aufgeführt:
Zunächst ist der grundsätzliche Rechtsanspruch gesetzlich Krankenversicherter im Sozialgesetzbuch V begründet. Dort steht im § 33 des SGB V formuliert:
„§ 33 SGB V Hilfsmittel
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind.“
und weiter: „Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und….“
sowie: „Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.“
„(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.“
„(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind.“
„§ 12 SGB V Wirtschaftlichkeitsgebot
(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“
“ § 139 SGB V Hilfsmittelverzeichnis, Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen.
„(3) Die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis erfolgt auf Antrag des Herstellers.“
Die vorstehenden Ausführungen betreffen nur die gesetzliche Krankenversicherung. Die Vorschriften zur gesetzlichen Pflegeversicherung finden Sie im SGB XI.
Alle Vereinbarungen zur Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben sind in den Leistungsverträgen der Krankenkassen mit den Leistungserbringern formuliert.
Probleme tauchen häufig dort auf, wo die Vertragspartner die Vereinbarungen in den Verträgen unterschiedlich interpretieren
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